Impfkompass
Die Schutzimpfung gegen Diphtherie gehört zu den Impfungen mit breiter Anwendung und erheblichem gesundheitlichem Wert für die Bevölkerung (STIKO). Durch 3 Gaben wird eine sichere Basisimmunität erreicht, die alle 10 Jahre aufgefrischt werden muss. Die Impfung besitzt aufgrund der letzten Epidemien in den GUS-Staaten und im Baltikum und der nicht ausreichenden Durchimpfung in der deutschen Bevölkerung (vor allem Erwachsener) besondere Bedeutung.
Auch vor Auslandsreisen in eines der zahlreichen Endemiegebiete sollte der Impfschutz unbedingt aktualisiert werden.
Informationen über die zu verhütende Krankheit
Erreger, Übertragung und Verbreitung
Diphtherie wird von Toxin- bildenden Stämmen des grampositiven Stäbchenbakteriums Corynebacterium diphtheriae verursacht. Der Erreger wird durch direkten Kontakt mit Sekreten des oberen Respirationstrakts (Tröpfcheninfektion) oder von Wunden sowie infektiösen Ausscheidungen übertragen. Einziger bekannter natürlicher Wirtsorganismus ist der Mensch. Der Erreger ist weltweit verbreitet, kommt allerdings in den Industriestaaten extrem selten vor. In den GUS- Staaten und im Baltikum traten in den 1990er Jahren große regionale Epidemien auf. Die Diphtherie kommt weiterhin häufig in den tropischen und subtropischen Regionen unserer Erde vor. Endemiegebiete sind viele Länder Afrikas, Asiens (v.a. Indien), des Südpazifiks und Osteuropas. In Indonesien, Thailand und Laos kam es in den vergangenen Jahren zu größeren Ausbrüchen. In der Ukraine, in Syrien, Somalia, Südsudan, in der Zentralafrikanischen Republik sowie in Äquatorial- Guinea lagen die Impfquoten bei Säuglingen im Jahr 2015 bei < 50%.
Inkubationszeit und Krankheitsbild
Die Inkubationszeit der Diphtherie beträgt 2 bis 5 Tage, in seltenen Fällen auch bis zu 10 Tage. Das klinische Bild lässt sich in lokale (Eindringen und Vermehrung des Erregers an der Eintrittspforte) und systemische Symptome (Wirkung des abgesonderten Toxins ) einteilen:
Lokale klinische Symptomatik:
Rachen-Diphtherie: Eindringen durch Tröpfcheninfektion in den oberen Respirationstrakt; pseudomembranöse (nicht abwischbare) schmutzig-graue Beläge auf Tonsillen, Gaumenbögen, Uvula, konfluierend; regionale Lymphadenitis; Kehlkopf-Diphtherie: Übergreifen der pseudomembranösen Membranen auf den Kehlkopf mit inspiratorischer Atemnot ("Diphtherie-Krupp"); bei weiter ausgedehnten Krankheitsbild mit peritonsillären Ödemen im Halsbereich bis zur Halsschwellung (sog. Cäsarenhals).
Hautdiphtherie: Eindringen des Erregers in die Haut, meist in vorbestehende Hautläsionen; schmierig-schmutzige Beläge auf Wundflächen mit tief liegenden, schlecht heilenden Ulzera; in tropischen Ländern häufig.
Systemische Symptomatik:
Myokarditis: toxisch bedingte Nekrosen mit Funktionsverlust des betroffenen Myokard-Teils. Motorische Paresen: Zunehmende Paresen des Gaumensegels, der Schlundmuskulatur und der Atemmuskulatur, ggf. übergreifend auf die motorische Muskulatur mit Schluckstörungen, Aspiration, Atemlähmung. Die Letalität liegt bei 5 bis 10%.
Behandlungsmöglichkeiten
Spezifische Therapie (bereits bei begründetem Verdacht): Diphtherie-Antitoxin (Antiserum vom Pferd), Antibiotikatherapie (Penicillin oder Erythromycin), unterstützende Maßnahmen, vor allem Überwachung der Atmungs- und kardialen Funktionen.
Verfügbare Impfstoffe
Fachinformationen erhalten Sie durch Klick auf den jeweiligen Impfstoff.
Monovalente Impfstoffe
- keine
Kombinationsimpfstoffe
Td:
TdaP:
DTaP:
Td-IPV:
TdaP-IPV:
DTaP-Hib-IPV:
DTaP-HiB-IPV-HB:
Indikationen
Die Impfung wird von der STIKO als Standardimpfung für alle Säuglinge, Kinder, Jugendliche und Erwachsene empfohlen. Allen Personen mit fehlender oder unvollständiger Grundimmunisierung oder unbekanntem Impfstatus, sowie Personen, bei denen die letzte Impfung der Grundimmunisierung oder die letzte Auffrischimpfung länger als 10 Jahre zurückliegt, wird das baldmögliche Nachholen der Erstimmunisierung bzw. eine Auffrischimpfung empfohlen.
Eine besondere Gefährdung besteht für Personen mit erhöhtem Infektionsrisiko:
- Migranten, Asylsuchende und andere Personen aus Gebieten mit Diphtherie-Risiko, die in Gemeinschaftseinrichtungen leben sowie Personal solcher Einrichtungen.
- Reisende in Gebiete mit erhöhtem Diphtherie-Risiko
- Bedienstete des Bundesgrenzschutzes und des Zolls
- medizinisches Personal mit engem Kontakt zu potentiell Infizierten/Erkrankten
- Personal in Laboratorien mit Diphtherie-Risiko
- Personal in Einrichtungen mit starkem Publikumsverkehr
Durchführung
Applikation intramuskulär. Je nach verwendetem Impfstoff kann bei entsprechender Indikation (Patienten mit Blutungsneigung, Antikoagulanzientherapie) auch subkutan geimpft werden (s. hierzu Hersteller- Angaben).
Säuglinge, Kinder und Jugendliche siehe >> Aktueller Impfkalender der STIKO
Erwachsene bzw. Kinder (ab 5. Lj.): Insgesamt 3 Impfdosen: 2 Impfungen im Abstand von 4 bis 8 Wochen und eine 3. Impfung nach 6 bis 12 Monaten nach der 2. Impfung. Eine Reise in Endemiegebiete sollte frühestens nach der 2. Impfung angetreten werden.
Bei unvollständiger Grundimmunisierung: kein Neubeginn der Grundimmunisierung sondern Verabreichung der fehlenden Impfungen.
Dauer des Impfschutzes
Beginn des Impfschutzes: ca. 14 Tage nach 2. Dosis
Schutzdauer: mindestens 10 Jahre
Schutzschwelle: 0,01 IE/ml (Neutralisationstest)
Kontraindikationen
Personen mit akuten behandlungsbedürftigen Erkrankungen sollten frühestens 2 Wochen nach Genesung geimpft werden (Ausnahme: postexpositionelle Impfung). Bekannte, schwere allergische Reaktionen auf Bestandteile des Impfstoffes, insbesondere bei Nebenreaktionen, die sich nicht auf die Impfstelle beschränken. Impfungen mit Diphtherie-Adsorbat-Impfstoff sollten grundsätzlich unterlassen werden, wenn nach einer früheren Impfung mit Diphtherie-Komponente Komplikationen aufgetreten sind.
Eine mit Komplikationen verlaufene Impfung ist bis zur Klärung der Ursache eine Kontraindikation gegen eine nochmalige Impfung mit dem gleichen Impfstoff.
Nebenwirkungen
Detaillierte Angaben zu Nebenwirkungen im Zusammenhang mit der Gabe aller in Deutschland zugelassenen Impfungen enthalten die Hinweise für Ärzte zum Aufklärungsbedarf über >> Unerwünschte Wirkungen bei Schutzimpfungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) am Robert-Koch-Institut. Beachten Sie zusätzlich die Packungsbeilage des Herstellers.
Auffrischung
Alle 10 Jahre ( auch wenn die letzte Impfung länger als 10 Jahre zurück liegt)
Im Expositionsfall: nach vollständiger Grundimmunisierung 1 Auffrischimpfung mit altersgemäßem Diphtherie-Adsorbat- oder Kombinations- Impfstoff, wenn letzte Impfung länger als 5 Jahre zurück liegt.Säuglinge, Kinder und Jugendliche s. Aktueller Impfkalender der STIKO
Patienteninformation
>> FI-Patienteninformationsblatt über die Krankheit (PDF-Dokument DINA4)
>> FI-Patientenaufklärung mit Einverständniserklärung
>> Diphtherie: Ursachen, Behandlung und Vorbeugung | gesund.bund.de
>> Mehrsprachige Infomaterialien zur Impfung (RKI)
>> Wegweiser und und Aufklärungsinformationen zur >> Diphtherie in 12 verschiedenen Sprachen mit Fokus auf Menschen in Flüchtlingseinrichtungen (>> LAGI/LDL)
Besondere Hinweise
Eine durchgemachte Erkrankung verleiht keine sichere Immunität; Personen nach durchgemachter Diphtherie müssen auch geimpft werden.
Die STIKO empfiehlt ab dem Alter von 5 – 6 Jahren Diphterie- Impfstoffe mit reduziertem Antigengehalt ("d" statt "D") zu verwenden. Dies gilt sowohl für Auffrischimpfungen als auch für die Erstimmunisierung Ungeimpfter, unvollständig Geimpfter oder von Personen mit unbekanntem Impfstatus.
Weitere Informationen
>> Routineimpfungen senken womöglich auch das Alzheimer-Risiko (Pressemitteilung der Deutschen Gesellschaft für Neurologie e. V., www.dgn.org, 20.09.2023)
>> STIKO-Empfehlung zur Grundimmunisierung mit dem 6-fach-Impfstoff DTaP-IPV-Hib-HepB im Säuglingsalter nach dem 2+1-Impfschema (Epi. Bul.26/2020)
>> RKI-Ratgeber für Ärzte Diphtherie (lezte Aktualisierung 06/2020)
>> Diphtherie in Europa (RKI 2009) - Bericht zu einem europäischen Meeting (Epi. Bul. 02/2009)